Wir wollen etwas Sinnvolles für die Nachhaltigkeit machen

Jenny Grandjean und Simon Aeschbacher Ernährung
Ernährung
  • Interview: Regula Wenger
  • Fotos: Regula Wenger

Kurzprofil

Foodyblutt
Laden geschlossen

Logo Foodyblutt

 

1/4

2/4

3/4

4/4

Wir wollen etwas Sinnvolles für die Nachhaltigkeit machen

Jenny Grandjean und Simon Aeschbacher, «Foodyblutt»

Unverpackt, fairtrade, ökologisch, sinnvoll, sozial – und dann auch noch mit einem frechen Namen, der einen zum Schmunzeln bringt: «Foodyblutt» heisst der Unverpackt-Laden im St. Johann, für den sich Jenny Grandjean und Simon Aeschbacher ehrenamtlich engagieren.

Jenny Grandjean und Simon Aeschbacher
Ernährung
  • Interview: Regula Wenger
  • Fotos: Regula Wenger

Kurzprofil

Foodyblutt
Laden geschlossen

Logo Foodyblutt

 

Haferflocken, Pasta und Oliven sind hier der Renner. Es gibt Getreide aus dem Fricktal, Essig aus Omas Garten, selbstgemachte Kosmetik und Putzmittel als Konzentrat. Das Geschäft «Foodyblutt», das Ende 2019 im St. Johann in Basel eröffnet hat, ist viel mehr als nur ein Laden ohne Verpackungen: Die Produkte sind meistens von Bio- oder Demeter-Qualität und werden so lokal wie möglich produziert und eingekauft; die Herstellerinnen und Hersteller erhalten faire Löhne; und wenn möglich werden die Erzeugnisse ökologisch per Zug oder Lastenrad ins Quartier transportiert. «Der Kaffee aus Mexiko kommt sogar mit dem Segelschiff nach Europa», erklärt Simon Aeschbacher, der lächelnd den entsprechenden Behälter öffnet und die Besucherin an den wunderbar duftenden Kaffeebohnen riechen lässt. Der 34-Jährige steht regelmässig hinter der Ladentheke, zudem betreut er die Webseite und führt die Buchhaltung.

Ich wollte endlich nicht mehr nur reden, sondern handeln.

Jenny Grandjean

Jenny Grandjean setzt sich ebenfalls ehrenamtlich für das Geschäft ein. Neben dem Verkauf gehört die Grafik, die Gestaltung des Schaufensters und die Überwachung des strengen Hygienekonzepts zu ihren Aufgaben. Nachdem die gebürtige Neuenburgerin ihren Job in einem Architekturbüro bereits gekündigt hatte, um «etwas Sinnvolleres zu machen», kurvte sie letztes Jahr mit ihrem Cargobike an der Ladenlokalität vorbei und entdeckte auf einem Aushang, dass «Foodyblutt» noch helfende Hände suchte. Seither gehört sie zum achtköpfigen Kernteam, das von zwei Verkäuferinnen unterstützt wird. «Ich wollte nicht mehr nur reden, sondern endlich handeln und meinen Beitrag für eine saubere und bessere Umwelt leisten», sagt die 42-Jährige. Schliesslich erklärt sie täglich auch ihren drei Kindern, warum sie als Familie ohne Auto leben, wiederverwendbare Sachen benutzen, den Abfall trennen und sich nicht ins Flugzeug setzen. Und, ja: Ihre Kinder verstehen das.

Wir waren Amateure, aber es hat funktioniert.

Simon Aeschbacher

Simon Aeschbacher lebte mit den beiden Initianten des Projekts in einer Wohngemeinschaft und bekam die Diskussionen mit, so auch das Brainstorming rund um den gelungenen Namen «Foodyblutt». Mit der Zeit gelangte er zur Überzeugung, dass auch er etwas zu diesem sinnvollen Projekt beitragen wollte. Präsent sind ihm zudem die Eindrücke von einer längeren Reise, die ihn in den Norden Kolumbiens führte: «Ich sehe noch die Sträucher an der Grenze zu Venezuela vor mir: Blätter hatten die Büsche keine, stattdessen hingen lauter Plastikfetzen an den Ästen.» Nach dieser Reise war für den Physiotherapeuten klar: Er wollte nur noch Teilzeit in seinem Beruf arbeiten und sich in der freien Zeit für den Unverpackt-Laden engagieren.
Dank eines Crowdfundings im kleineren Rahmen spendeten Sympathisanten über 30’000 Franken für «Foodyblutt». In der Schweiz sei viel möglich, freut sich Aeschbacher darüber, der auch anderen rät, Neues auszuprobieren und mutig zu sein. «Wir waren Amateure und es hat funktioniert. Heute wird uns viel Wertschätzung entgegengebracht. Das ist megaschön.» Natürlich sind die Fairtrade- und Bio-Produkte teurer als beim Detailhändler. Doch es sei lächerlich, was man heute etwa für Kaffee bezahle. «Wir müssen endlich umdenken und uns fragen, wie viel ein Produkt wirklich wert ist.»

Der Kauf eines Produkts kann ein Bewusstsein schaffen.

Jenny Grandjean

Eine Kundin habe ihm erklärt, dass sie nicht über viel Geld verfüge, sich jedoch bewusst entschieden habe, mehr Geld fürs Essen auszugeben. Das mache er ebenso. Ausserdem schmeckten die Produkte ja auch super. «Und es gibt ein gutes Gefühl, wenn man weiss, dass der Bauer einen fairen Lohn erhalten hat und das Produkt ökologisch produziert und transportiert wurde», ergänzt Jenny Grandjean. Ihr ist durchaus bewusst, dass eine Familie, die finanziell nicht allzu gut ausgestattet ist, keinen Grosseinkauf bei «Foodyblutt» machen kann. «Aber vielleicht kann sie einzelne Produkte herauspicken und dabei ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit entwickeln.»
Jenny Grandjean hat sich zusätzlich als Grafikerin selbstständig gemacht. Sollte sie nicht mehr genug Aufträge haben, muss sie sich wieder eine Stelle suchen. Erwartungen, dass sie bei «Foodyblutt» einmal für ihre Arbeit entlöhnt werden, haben weder sie noch ihr Kollege. Auch Basel Unverpackt – ihrer «grossen Schwester» am Erasmusplatz, von der sie stark unterstützt worden seien – konnte erst nach zwei Jahren etwas Lohn auszahlen. Originell über die Bühne ging bei «Foodyblutt» übrigens die Suche nach einer geeigneten Lokalität: Die fand nämlich gar nicht statt. Der Vermieter selbst hatte die Idee, dass hier in seine Räumlichkeiten ein Unverpackt-Laden gehört.

 

Publiziert im März 2020

Weitere Porträts

Philipp Schallberger, Monika Keller

Als Social Business will die Kaffeemacher GmbH ihre Gewinne nicht abschöpfen, sondern wieder in das Geschäft investieren. Um zu erkennen, wo ihre betrieblichen Schwachstellen liegen, hat sie sich einer Bilanzierung durch den Verein Gemeinwohl-Ökonomie Schweiz unterzogen.

Markus Hurscheler

Ein Drittel unserer Lebensmittel landet im Abfall. Markus Hurschler berät Unternehmen, wie sie die regelmässig weggeworfene Menge verkleinern – und rät zu mehr Mut im Umgang mit angeblich abgelaufenen Esswaren.

Nathalie, Anita, Simone und Ivo

Wie funktioniert verpackungsfreies Einkaufen? Ist das nicht umständlich oder viel zu teuer? Nathalie, Anita, Simone und Ivo von den Unverpackt-Läden «Abfüllerei», «Basel unverpackt» und «Natürlich unverpackt» geben hilfreiche Einkaufstipps und nehmen Stellung zu gängigen Vorurteilen.

Tanja und Fabio Gemperli

Tanja und Fabio Gemperli, welche die «Buvette 7» seit der Saison 2023 betreiben, setzen ganz auf Wiederverwendung und lokale, saisonale Produkte.

Marcel Strub

Imker Marcel Strub kümmert sich nicht nur um Bienen. Der frühere Präsident des Vereins «Genuss aus Stadt und Land» hilft Bäuerinnen und Bauern aus der Region, ihre Produkte zu vermarkten.

Ilinca Zastinceanu

«Gemeinsam grüner» ist der Slogan des Vereins «Hallo Johann», den Ilinca Zastinceanu mit anderen befreundeten Familien gegründet hat. Statt sich über die anonyme Grünfläche hinter dem Haus zu ärgern, die Hunde und Sprayer anzog, legten sie dort einen partizipativen Garten an, den sie heute mit viel Herzblut pflegen.

Eliane, Valentin, Adrian, Denise

Regional konsumieren ist nachhaltig und liegt im Trend. Eine Genossenschaft ermöglicht es Läden und Restaurants, ohne viel Aufwand Lebensmittel von Nordwestschweizer Produzenten zu beziehen.

Sonja Grässlin

Sonja Grässlin rettet mit der WERT!Stätte täglich Lebensmittel vor der Biotonne. Mit dem Einsatz gegen Food Waste möchte sie aufzeigen, dass geniessbare Lebensmittel nicht weggeworfen werden sollten.

Sue Rauss

Vor fünf Jahren gründeten Sue Rauss und Martin Studer EcoLogicals, um Roche-Mitarbeitenden Eigeninitiative für die Umwelt zu ermöglichen. Mittlerweile betreibt die Bottom-up-Community zahlreiche Nachhaltigkeitsprojekte innerhalb des Unternehmens, darunter einen Obst- und Gemüsegarten.

Niklaus Fäh

Seit zweieinhalb Jahren betreibt Niklaus Fäh im ehemaligen Kiosk am Allschwilerplatz einen Bio-Hofladen. Im vergangenen Sommer errichtete er mit Helferinnen und Helfern aus dem Quartier auf der gegenüberliegenden Seite der Tramgleise einen Stadtgarten. Dieser soll nun vergrössert werden.

Anna Rossinelli & Georg Dillier

Anna Rossinelli und Georg Dillier machen Musik – und das seit bald 15 Jahren professionell und sehr erfolgreich. Die Singer-Songwriterin fühlt sich nicht nur auf Bühnen wohl, sondern auch vor der Kamera: In der SRF-Serie «Tschugger» wirkte sie gerade als Polizistin mit. Zusammen mit einer Freundin führt sie ausserdem noch das Rhybadhysli« – eine vielseitige […]

Livia Matthäus

Städtische Parzellen mit Gemüse bebauen und bei Anbau, Pflege und Ernte selbst mithelfen, so funktioniert Plankton. Bei der Gemüsekooperative teilen sich die Konsumentinnen und Konsumenten mit den Produzentinnen und Produzenten das Risiko schlechter Ernten. Die solidarische Landwirtschaft nimmt zudem Rücksicht auf Klima und Biodiversität.

Gina Honauer

Gina Honauer ist gelernte Zierpflanzengärtnerin, sie studierte Umweltingenieurwesen und setzt sich für eine nachhaltige städtische Lebensmittelversorgung ein. In ihrem Garten im Kleinbasel kümmert sie sich im Auftrag von Pro Specie Rara um alte Beeren- und Gemüsesorten.

Daniel Ranz, Etienne Schmid und Markus Schmid

2,8 Millionen Tonnen Lebensmittel pro Jahr landen schweizweit in der Kehrichtverbrennung. Drei Basler Foodangels retten Früchte, Gemüse und Fleisch vor der Vernichtung und beglücken damit Tiere in Notunterkünften.

Ernst Mangold

In Tagesstrukturen, an Mittagstischen und in Schulmensen sind gelieferte Menüs meist Standard. Das Küchenteam der Tagesstruktur Kleinhüningen, die zum Schulstandort der Primarschule Kleinhüningen gehört, kocht hingegen selbst – und hauptsächlich bio. Dafür steht Küchenchef Ernst Mangold seit zehn Jahren ein.

Armin Heyer

Frische Früchte geniessen und gleichzeitig zur Umwelt Sorge tragen: Das ist ein Bedürfnis vieler Konsumentinnen und Konsumenten. Dem kommt der Bio-Velokurier «Öpfelchasper» entgegen. Gründer Armin Heyer sieht sein Lieferangebot auch als Inspiration für ein neues Konsumverhalten.

Salome Thommen und Madlen Portmann

Nachhaltige Ernährung sollte nicht vom Einkommen abhängen, finden Salome Thommen und Madlen Portmann von 4seasons. In Kursen vermitteln sie praktisches Wissen und Fertigkeiten rund um Kochen und Ernährung.

David Jucker und Armin Sirch

Ein Start-up züchtet im Basler Untergrund Pilze auf Kaffeesatz. Die Unternehmer gewannen damit bereits den Basler Innovationspreis und legen jetzt richtig los.

Marie und Michael Tuil

Bis vor eineinhalb Jahren war sie Journalistin, er Unternehmer. Heute sind Marie und Michaël Tuil Kaffeeimporteure mit einer Mission. Sie beziehen den Kaffee direkt von äthiopischen Kleinbauern und verkaufen ihn ohne Zwischenhandel.

Sabine Gysin

Der Kulturtreffpunkt „Lokal“ in der Hebelstrasse 108 verwandelt sich jeden Mittwoch in eine kleine grüne Oase: 120 Körbe voll mit leckerem Gemüse und Salaten vom Birsmattehof aus Therwil, welche zur Abholung bereitstehen.

Felix Schröder

Felix Schröder fragte sich: Wie es möglich ist, dass wir den Generationenvertrag – eine lebenswerte Umwelt für unsere Kinder und Enkel – einhalten können? Das führte ihn zur Gründung der Lebensmittelkampagne im Jahr 2014. Erstes Produkt ist feinstes griechisches Olivenöl.

Berto Dünki, Ursula Moser

Hinter dem Bahnhof SBB hat ein „Backwaren Outlet“ eröffnet. Mit dem Weiterverkauf von ausrangierten Backwaren kämpfen die Betreiber gegen „Foodwasting“.